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Die Standsicherheit bezeichnet die Kippsicherheit eines Gabelstaplers (auch: Frontstapler) mit oder ohne Last. Über welche Standsicherheit ein Gabelstapler verfügt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören die Konstruktion des Fahrzeugs, die Umgebung, in der das Flurförderzeug zum Einsatz kommt, und die Anforderungen, die es erfüllen muss. Nur wenn alle diese Faktoren berücksichtigt werden, lässt sich das Fahrzeug gefahrlos nutzen.
Grundlagen: Einflüsse auf die Standsicherheit bei Gabelstaplern
Damit Gabelstapler mit oder ohne Lasten sicher bewegt werden können und weder das Fahrzeug, die führende Person noch das Transportgut beschädigt werden, muss die Standsicherheit zu allen Zeiten gewährleistet sein. Der Parameter wird dabei von zwei grundsätzlichen Bereichen beeinflusst.
Zunächst entscheiden die sogenannten konstruktiven Merkmale über die Standsicherheit eines Hochhubwagens. Dazu zählen:
- die jeweilige Schwerpunktlage des Staplers: Diese ist von der Konstruktion des Gabelstaplers abhängig. Unterschiede gibt es hier vor allem zwischen Drei- und Vierradstaplern. Je nach Gerätetyp gibt es jedoch verschiedene DIN-Normen, die vorschreiben, wie hoch bzw. bis zu welcher Belastung die Standfestigkeit gewährleistet sein muss.
- die Schwerpunktlage der Last: Das betrifft den Schwerpunkt der Last selbst und ist abhängig von deren Gewicht und Form.
- die Summe aus diesen Schwerpunkten
Aber auch situationsbedingte Faktoren bei der praktischen Arbeit mit Gabelstaplern beeinflussen die Standsicherheit:
- Lastschwerpunktabstand: Der Faktor bezeichnet den Abstand zwischen Gabelrücken und Lastschwerpunkt. Für maximale Standsicherheit sollten Sie die Last immer so aufnehmen, dass sie möglichst nah am Gabelrücken anliegt.
- reduzierte Tragfähigkeit bei großen Hubhöhen: Heben Sie Lasten mit dem Gabelstapler in große Höhen, reduziert sich die Tragfähigkeit des Staplers. Würden Sie das beim Ein- oder Ausstapeln von Waren in der Höhe nicht beachten, wäre die Standsicherheit gefährdet.
- dynamische Standsicherheit: Bewegungen wie das Beschleunigen oder Abbremsen des Staplers, Fahrten über Bodenunebenheiten oder über Schrägen können Einfluss auf die Standsicherheit haben. Hier hilft vorausschauendes Fahren; der Gabelstaplerbetrieb mit reduzierter Geschwindigkeit trägt ebenfalls dazu bei, dass die dynamische Standsicherheit gewährleistet ist.
- erhöhte Kippgefahr bei Kurvenfahrt: Bei Kurvenfahrten mit Last kann sich der Schwerpunkt des Staplers verschieben. Für mehr Standsicherheit sollten Sie Kurven deshalb langsam durchfahren, damit der Gabelstapler sich nicht aufschaukeln kann.
Die Standsicherheit bei Gabelstaplern einfach berechnen
Abhängig von den grundsätzlichen Einflussfaktoren auf die Standsicherheit kann die Stand- bzw. Kippsicherheit berechnet werden. Die entsprechende Formel ist auf alle Frontstapler-Typen anwendbar.
SS steht hier für die Standsicherheit, MS für das Standmoment und MK für das Kippmoment. Das Rechenergebnis lässt sich wie folgt interpretieren:
- Der Stapler kippt, wenn SS < 1
- Die Kippgrenze ist erreicht, wenn SS = 1
- Der Stapler ist standsicher, wenn SS > 1
Die Kippgefahr steigt, je näher der Gesamtschwerpunkt der Kippachse rückt, die sich beim Stapler entlang der Vorderradachse befindet. Je weiter der Wert für SS über 1 ist, desto standsicherer ist das Gerät.
Wichtige Begriffe rund um die Standsicherheit von Frontstaplern
Die folgenden Begriffe werden Ihnen zur Standsicherheit bei Staplern immer wieder begegnen. Sie ermöglichen es Ihnen, auf wichtige Parameter zu achten, die die Standsicherheit beeinflussen können:
Begriff | Erläuterung |
---|---|
Standsicherheitsnachweis | Ein Standsicherheitsnachweis belegt, dass ein Stapler stabil genug ist, um den entsprechenden Anforderungen zu genügen. Es gibt feste Regelungen dazu, in welchen Fällen Sie einen solchen Nachweis führen müssen. Auch die Berechnung darf nur von Fachpersonen mit entsprechender Berufserfahrung durchgeführt werden, beispielsweise von Fachkräften des Ingenieurswesens oder der Bautechnik. |
Standmoment | Das Standmoment ist die Kraft, die dafür sorgt, dass der Stapler kippsicher steht und fährt. Sie setzt sich aus der Gewichtskraft und dem Eigen- bzw. Kontergewicht des Flurförderzeugs zusammen. Ist das Standmoment größer als das Kippmoment, ist die Standsicherheit gegeben. Je nachdem, wo sich der Schwerpunkt des Geräts befindet, kann das Eigengewicht aber auch zum Kippen beitragen. Der Schwerpunkt verschiebt sich zum Beispiel bei zu schweren Lasten oder wenn der Stapler über einen schrägen Untergrund fährt. |
Kippmoment | Das Kippmoment ist die Kraft, die den Stapler zum Kippen bringen kann– sofern sie stärker ist als das Standmoment. Auslöser für Kippmomente sind beispielsweise über die Kippachse hinausragende Lasten, Wind und andere äußere Krafteinwirkungen. |
Drehmoment | Ob es tatsächlich zum Kippen des Staplers kommt, lässt sich vom Drehmoment ableiten. Je größer dieses und die Hebelkraft sind, die auf das Flurförderzeug treffen, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Stapler kippt. |
Standsicherheitsfaktor | Der Standsicherheitsfaktor beschreibt das Verhältnis zwischen Kippmoment und Standmoment. Je höher der Faktor ist, desto standsicherer ist der Stapler. Für verschiedene Gabelstapler sind unterschiedliche Standsicherheitsfaktoren vorgeschrieben. Sie richten sich danach, wie häufig und für welche Lastgewichte das Gerät eingesetzt wird. |
Gesetzliche Richtlinien und Sicherheitsunterweisungen für das Staplerfahren
Das Gabelstapler-Fahren geht generell mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko für Menschen und Güter einher. Um Unfallrisiken bewusst zu machen und den Umgang mit Staplern zu trainieren, muss darum jede fahrzeugführende Person eine jährliche Sicherheitsunterweisung für Gabelstapler absolvieren. Außerdem müssen Sie die Stapler und Hubwagen, die in Ihrem Betrieb zum Einsatz kommen, mindestens einmal jährlich im Rahmen der FEM-Prüfung durch eine erfahrene Fachkraft kontrollieren lassen. Diese Prüfung ist durch die FEM 4.004, die Berufsgenossenschaftliche Vorschrift BGV D27 und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) gesetzlich vorgeschrieben. Sie soll gewährleisten, dass sicherheitsrelevante Komponenten wie die Bremsen, die Lenkung oder die Hydraulik einwandfrei funktionieren.
Unterschiede in der Standsicherheit von Drei- und Vierradstaplern
Ohne Last liegt der Schwerpunkt bei einem Dreiradstapler aufgrund des Kontergewichts relativ weit hinten auf der Mittelachse des Fahrzeugs. Zwischen den Rädern spannt sich das sogenannte Standdreieck auf. Über diese Achsen kann der Gabelstapler kippen. Je kleiner der Abstand des Schwerpunkts (aS) von einer der Kippkanten ist, desto geringer ist die Standsicherheit. Dies bedeutet für den Dreiradstapler, dass er ohne Last relativ leichtüber die seitlichen Kippkanten fallen kann.
Nehmen Sie eine Last auf, liegt der Lastschwerpunkt idealerweise auf halber Lastlänge. Die Summe aus beiden Lastschwerpunkten verschiebt sich mit höherem Lastgewicht zur Kippachse über die Lastachse (AB). Sollte die Last (bzw. das Lastmoment aus Last und Lastarm) zu groß werden, verschiebt sich der Schwerpunkt über die vordere Kippachse, der Stapler fällt nach vorn auf die Gabeln. Bei der Schwerpunktlage ist aber auch die Höhe der Schwerpunkte über dem Boden von Bedeutung. Je höher der Schwerpunkt, desto instabiler ist das System.
Bei Vierrad-Gabelstaplern liegt der Punkt C in Höhe der Lenkachsaufnahme. Von der Seite gesehen spannt sich das Standdreieck somit schräg nach oben auf. Dadurch liegt der Staplerschwerpunkt höher. Grundsätzlich ist die Lenkachse des Vierradstaplers als Pendelachse ausgeführt. Die Aufhängung liegt in der Mitte der Lenkachse (beim Dreiradstapler ist hier das Hinterrad montiert). Auch Vierradstapler bilden wegen der Pendelachse ein Standdreieck.
Beim Anheben der Last verschiebt sich der Schwerpunkt kontinuierlich nach oben – und somit auch der Gesamtschwerpunkt des Staplers. Zusätzlich wird er durch die Mastneigung beeinflusst. Beim Vorneigen mit angehobener Last verschiebt sich der Schwerpunkt deutlich nach vorn. Um die Standsicherheit zu gewährleisten, ist das Vorneigen des Hubgerüsts nur über stehenden Lasten zulässig.
How-to: So gewährleisten Sie die Fahr- und Standsicherheit eines Gabelstaplers im Einsatz
Für die Bedien-, Fahr- und Standsicherheit von Gabelstaplern sind einige wichtige Maßnahmen zu beachten – und zwar bereits vor dem Aufnehmen einer Last sowie nach dem Absetzen. Sie und Ihre Mitarbeitenden sollten bei jedem Einsatz die folgenden Punkte berücksichtigen, um jederzeit die Sicherheit im Lager, im Betrieb und auf der Baustelle zu gewährleisten:
- Vor der Beladung: Alle Einsatzbedingungen prüfen
Informieren Sie sich über die Tragfähigkeit des jeweiligen Staplers. Die maximale Tragfähigkeit ist üblicherweise auf einem Schild im Bedienfeld des Staplers angegeben. Beurteilen Sie dann sie Last und stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Gewichts-, Größen- und Forminformationen kennen. Führen Sie außerdem eine Abfahrtskontrolle des Staplers durch, einschließlich der Überprüfung der Reifen, Gabeln und sicherheitsrelevanten Mechanismen. Planen Sie im Voraus, wo die Last abgeholt und abgesetzt werden soll. Vor dem Fahren sollten sie zudem sicherstellen, dass Ihre Sicht nicht durch die Last oder andere Hindernisse eingeschränkt ist.
- Während des Verladens: Jederzeit umsichtig vorgehen
Nähern Sie sich der Last behutsam und gerade zur Last ausgerichtet. Stoppen Sie den Gabelstapler zunächst, bevor Sie die Gabeln unter die Last schieben, und heben Sie die Gabeln an, bis sie sich knapp unter der Last befinden. Nun fahren Sie langsam vorwärts, um die Gabeln so weit wie möglich unter die Last zu schieben. Die Last muss gleichmäßig auf den Gabeln verteilt sein. Heben Sie die Last langsam an und prüfen Sie erneut, ob sie stabil ist. Während der Fahrt erhöhen Sie die Stabilität, indem Sie sie niedrig transportieren und abrupte Bewegungen vermeiden.
- Nach dem Abladen: Alles kontrollieren und dokumentieren
Wenn Sie die Last abladen, ziehen Sie die Gabeln zurück und prüfen währenddessen, ob die Last dabei sicher und korrekt positioniert bleibt. Je nach Sichtbedingungen beim Zurücksetzen und Rangieren sollte Ihnen eine zweite Person mit Einweisungen helfen. Nach dem Verladen dokumentieren Sie den Transport, insbesondere wenn es sich um gefährliche oder besonders schwere Lasten handelt. Idealerweise wiederholen Sie nun auch die Abfahrtskontrolle, denn nach der Beladung ist es eine gute Praxis, eine weitere schnelle Überprüfung des Staplers durchzuführen, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsmechanismen in Ordnung sind.
Eine detaillierte Sammlung von Sicherheitsinformationen, Ausbildungsvorgaben, Richtlinien und Normen stellt die DGUV Information 208-004 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zur Verfügung.
FAQ zur Standsicherheit bei Gabelstaplern
Beim Betrieb von Frontstaplern können einige wesentliche Punkte die Sicherheit gewährleisten:
• Die Last sollte immer möglichst nah am Gabelrücken aufgenommen werden.
• Beim Transport von Lasten in die Höhe sollte die dabei abnehmende Tragfähigkeit des Gabelstaplers berücksichtigt werden. Diese ist auf dem Traglastdiagramm einzusehen.
• Das Fahrverhalten sollte umsichtig und vorausschauend sein. Dazu gehört, in Kurven und bei Wendemanövern mit reduzierter Geschwindigkeit zu fahren sowie möglichst sanft anzufahren und abzubremsen. Beim Überfahren von Bodenunebenheiten ist besondere Vorsicht geboten.
• Beim Befahren von Schrägen sollte die Last immer bergseitig geführt werden.
Ein Standsicherheitsnachweis belegt, dass ein Stapler stabil genug ist, um den entsprechenden Anforderungen zu genügen. Es gibt feste Regelungen dazu, in welchen Fällen ein solcher Nachweis zu führen ist. Auch die Berechnung darf nur von Fachpersonen mit entsprechender Berufserfahrungdurchgeführt werden – beispielsweise von Fachkräften des Ingenieurwesens oder der Bautechnik.
Bei Vierrad-Gabelstaplern liegt der Schwerpunkt in Höhe der Lenkachsaufnahme. Dadurch liegt der Staplerschwerpunkt höher als bei Dreiradstaplern, bei denen der Schwerpunkt weiter hinten auf der Mittelachse liegt.
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