Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
post
Lesezeit: 7 Minuten

Der Eingang von Retouren gehört im E-Commerce zum täglichen Geschäft. Ein effizientes Retourenmanagement hilft betroffenen Unternehmen, Kosten und Aufwand für den Umgang mit zurückgesendeten Waren möglichst gering zu halten. Wie das gelingen kann und welche Maßnahmen besonders erfolgversprechend sind, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Was ist Retourenmanagement? Definition und Aufgaben

Retourenmanagement befasst sich mit der Verwaltung von bereits verkauften Waren, die von der Kundschaft an ein Versand- oder Produktionsunternehmen zurückgesendet werden. Gehen diese Rücksendungen im Betrieb ein, müssen die Waren je nach Zustand entweder wieder eingelagert, repariert oder – nur im Ausnahmefall und falls keine Reparatur oder kein Wiederverkauf möglich sind – fachgerecht und umweltfreundlich entsorgt werden. Das stellt die Intralogistik vor besondere Herausforderungen, da für diese Prozesse zusätzliche Ressourcen benötigt werden.

An diesem Punkt setzt das Retourenmanagement an. Laut Definition geht es dabei um einen effizienten und ressourcenschonenden Umgang mit Rücksendungen. Entsprechende Maßnahmen zielen generell auf die Vermeidung von Retouren sowie auf die Optimierung der Rückgabeprozesse ab. Auf dieser Basis werden zwei Formen des Retourenmanagements unterschieden:

  • Präventives Retourenmanagement: Es werden Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Retouren zu senken bzw. grundsätzlich möglichst gering zu halten.
  • Reaktives Retourenmanagement: Sämtliche Schritte bei der Warenrückgabe werden analysiert und so effizient wie möglich gestaltet – von der Rücksendung über die Kommissionierung im Lager hin zu eventuellen Ersatzlieferungen oder Kaufpreiserstattungen an die Kundschaft.

Das Retourenmanagement hat also zwei zentrale Aufgaben: die Senkung der Retourenquote sowie die Optimierung der erforderlichen Logistik- und Lagerprozesse.

Warum ist ein effizientes Retourenmanagement wichtig?

Es gibt Branchen, in denen sich Retouren kaum vermeiden lassen. Das betrifft den gesamten E-Commerce-Bereich und hier insbesondere Shops mit Modeartikeln, Heimtechnik und anderen Kleinwaren. Hier gehört es fast zum Alltag, dass Artikel in mehreren Größen oder verschiedenen Ausführungen bestellt werden und die Kundinnen und Kunden erst nach der Lieferung entscheiden, welche davon sie tatsächlich behalten wollen. Der Rest wird zurückgeschickt. Je unkomplizierter, schneller und kostengünstiger das für Endverbrauchende funktioniert, desto wahrscheinlicher ist es, dass neue Kundschaft zur Stammkundschaft wird, die regelmäßig bestellt und den Online-Shop weiterempfiehlt.

Das kann für Unternehmen ein enormer Wettbewerbsvorteil sein; gleichzeitig ist eine hohe Retourenquote jedoch ein nicht zu unterschätzender Kostentreiber bei den Betriebskosten. An diesem Beispiel sehen Sie, dass sich das Retourenmanagement auf verschiedenste Bereiche des Unternehmens auswirkt. Effizientes Retourenmanagement lässt sich daher gezielt für folgende Ziele einsetzen:

  • Kundenzufriedenheit und -bindung erhöhen
  • Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen schaffen
  • Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Lager stärken und somit Kosten senken
  • Nachhaltigkeit verbessern und Beitrag zum Umweltschutz leisten

Nachhaltiges Retourenmanagement: Welche Gründe für Retouren gibt es und wie können diese vermieden werden?

Retouren wirken sich nicht nur auf die Wirtschaftlichkeit, sondern auch auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens negativ aus. Zusätzliche Verpackungen und Transportwege sowie die eventuelle Entsorgung der Artikel belasten die Umwelt und verschlechtern die Ökobilanz der Artikel. Um das zu verhindern, müssen Sie zunächst wissen, warum Waren überhaupt zurückgeschickt werden. Zu den vermeidbaren Gründen für Retouren gehören:

  • Mangelhafte Qualität: Material und/oder Verarbeitung entsprechen nicht den Ansprüchen der Kundschaft oder dem Verkaufspreis
  • Falsche oder ungenaue Produktinformationen: Beschreibung im Online-Shop gibt die Eigenschaften der Waren nicht exakt wieder
  • Größe: Kleidung oder Schuhe passen nicht, weil Größen unterschiedlich ausfallen
  • Transportschäden: Verpackung oder Produkt kommen bereits beschädigt an
  • Lieferzeiten: Lieferung dauert länger als angegeben und das Produkt wird nicht mehr benötigt
  • Retourenkulanz: Retouren sind für die Kundschaft kostenlos und/oder durch bereits beigelegte Rücksendescheine oder Abholservices sehr einfach

Präventives Retourenmanagement hilft Ihnen, die genannten Ursachen möglichst von vorneherein auszuschließen und Ihre Retourenquote langfristig zu senken. Folgende Maßnahmen kommen dafür infrage:

RücksendegrundPräventive Maßnahmen
Qualität• hochwertige Materialien
• robuste Verarbeitung
• lange Lebensdauer der Artikel
Produktinformationen• exakte Beschreibungen der Artikel und ihrer Eigenschaften
• Produktbilder und Detailabbildungen
• Anwendungsvideos
Größe• zusätzlich zur Größe die Maße eines Artikels angeben
• Größentabellen anbieten
• Größenrechner im Webshop einbinden
• Kundenempfehlungen zu Größen, Passform, Anwendung und weiteren Produkteigenschaften einbinden
Technologien zur virtuellen Anprobe oder 3D-Produktvisualisierungen nutzen
Transportschäden• stabile Produkt- und Transportverpackungen nutzen
• ggf. Füllmaterial und Verstärkungen an Ecken und Kanten verwenden
• Lager- und Transportpersonal im sachgemäßen Umgang mit den Waren schulen
Lieferzeiten• Lieferzeiten realistisch angeben
• Versandprozesse/Übergabe an den Versanddienstleister optimieren
• Sendungsverfolgung anbieten
Retourenkulanz• Kulanz- und Rückgabebedingungen eindeutig und transparent kommunizieren
• bei Kundschaft mit individueller, hoher Retourenquote ggf. kurzfristige Einschränkungen vornehmen
• Retouren und/oder Versandkosten kostenpflichtig gestalten

Ergänzend setzen Sie Maßnahmen des reaktiven Retourenmanagements ein, um den Umgang mit nicht vermeidbaren Rücksendungen so wirtschaftlich und umweltfreundlich wie möglich zu organisieren. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Versand und Verpackung der Rücksendungen so gestalten, dass die Umwelt nicht stärker als nötig belastet wird (z. B. durch Mehrwegverpackungen, Sammelabholungen etc.)
  • Beauftragung eines Versanddienstleisters mit CO2-neutralen Services
  • Entsorgung der zurückgesendeten Waren vermeiden und nur dann wählen, wenn eine Reparatur oder ein Wiederverkauf nicht mehr möglich sind

Gewinnorientierung, Wettbewerbsvorteile und Nachhaltigkeitsziele eines Unternehmens können sich beim Thema Retouren durchaus widersprechen. Für diesen Fall gilt es, Kompromisse zu finden, die sowohl ein wirtschaftliches als auch ökologisches Retourenmanagement ermöglichen.

Grundsätzliche Schritte des Retourenmanagements

Grundsätzlich lässt sich der Rücksendeprozess in folgende vier Schritte einteilen:

  1. Rücksendewunsch der Kundschaft

    Entscheiden Kunden oder Kundinnen nach dem Erhalt der Ware, dass sie die bestellten Artikel nicht behalten wollen, kontaktieren Sie das Unternehmen und bitten um Umtausch oder Kaufpreiserstattung.

  2. Prüfung der Rücksendeanfrage

    Im Unternehmen wird geprüft, ob Zeitrahmen und/oder angegebene Gründe den Geschäftsbedingungen entsprechen. Falls ja, erhält die Kundschaft detaillierte Informationen zum Ablauf der Rücksendung.

  3. Eingang der Retoure

    Die Retoure kommt in einem gesonderten Bereich im Wareneingang des Lagers an, wo der Warenzustand geprüft und über das weitere Verfahren entschieden wird.

  4. Behandlung der Ware

    Abhängig vom Zustand werden die zurückgesendeten Waren gereinigt, repariert, neu verpackt oder als Gewerbemüll entsorgt, falls keine Reparatur oder ein Wiederverkauf mehr möglich sind.

  5. Registrierung der Ware

    Im letzten Schritt wird die Ware entweder als neuwertig oder reduzierte B-Ware registriert und erneut eingelagert oder (im Falle einer Entsorgung) als Verlust registriert.

Diese Schritte scheinen recht einfach zu sein, doch der Aufwand, den das Retourenmanagement für Logistik- und Kommissionierungsprozesse eines Unternehmens bedeutet, ist nicht zu unterschätzen. Jeder dieser Schritte erfordert mehrere Arbeitshandlungen, die perfekt aufeinander abgestimmt werden müssen, damit die Lagerprozesse reibungslos ineinandergreifen. Bei vielen Betrieben besteht an dieser Stelle das größte Optimierungspotenzial, weil Rücktransport und Wiedereinlagerung der Waren hohe Kosten verursachen und Ressourcen verbrauchen.

Wie kann das Retourenmanagement im Unternehmen optimiert werden?

Wie sämtliche Prozesse im Unternehmen sollten Sie auch das Retourenmanagement regelmäßig einer gründlichen Analyse unterziehen. Falls Sie dabei feststellen, dass der Umgang mit Retouren zu hohe Kosten verursacht oder andere Arbeitsprozesse blockiert, müssen Sie das Retourenmanagement optimieren. Dabei können Sie an folgenden Punkten der Auftragsabwicklung ansetzen:

BereichOptimierungsmaßnahmen
Rückgabeprozesse und -logistikDie mit einer Retoure einhergehenden Prozesse sollten so organisiert sein, dass sie möglichst schnell, ohne großen Aufwand und jederzeit nachvollziehbar bzw. kontrollierbar sind. Hier kann eine Automatisierung wiederkehrender Arbeitsschritte sinnvoll sein:
• Statten Sie alle Sendungen automatisch mit Rücksendeetiketten aus oder stellen diese leicht zugänglich als Download in Ihrem Online-Shop zur Verfügung.
• Richten Sie ein Online-Formular ein, das vor jeder Rücksendung bereits von der Kundschaft ausgefüllt werden muss. Auf diese Weise liegen alle relevanten Daten (Artikel, Anzahl, Zustand etc.) bereits vor, wenn die Sendung im Unternehmen eintrifft.
• Nutzen Sie ein Trackingsystem (z. B. mithilfe von Barcodes oder eindeutigen Tracking-Nummern), mit dem sie die zurückgesendeten Artikel jederzeit verfolgen und relevante Dokumente verknüpfen können.
Lagereinrichtung und -organisationBedenken Sie das Retourenmanagement bereits bei der Festlegung Ihrer Lagerstrategien, indem Sie die konkreten Abläufe für die Prüfung und Wiedereinlagerung zurückgesendeter Waren festlegen und das Lagerpersonal entsprechend schulen.

Abhängig von der zu erwartenden Retourenquote kann es sinnvoll sein, gesonderte Arbeitsbereiche für Annahme, Qualitätskontrolle und Produktverpackung der retournierten Artikel einzurichten.
KundenkommunikationSetzen Sie während des gesamten Retourenprozesses auf eine schnelle und transparente Kommunikation mit Ihrer Kundschaft. Je unkomplizierter Kommunikation und Rücksendung ablaufen, umso wahrscheinlicher ist es, dass Ihr Unternehmen weiterempfohlen wird. Wichtig sind:
• gute Erreichbarkeit
• schnelle Reaktion auf Fragen
• lösungsorientiertes Handeln
• Kritik und Feedback annehmen
• Prozesse kontinuierlich bewerten und ggf. verbessern
SoftwareunterstützungUnabhängig davon, ob Sie das Retourenmanagement automatisieren oder nicht, sollten Sie eine Software zur Erfassung und Dokumentation der Vorgänge nutzen. So haben Sie jederzeit den aktuellen Stand im Blick und können auf Anfragen der Kundschaft schnell reagieren. Gleichzeitig bleiben die Prozesse über lange Zeit nachvollziehbar und können zur Analyse der Effizienz Ihres Unternehmens herangezogen werden.

Mit einer Software lässt sich zum Beispiel ganz einfach feststellen, ob bestimmte Artikel überdurchschnittlich oft retourniert und ggf. überprüft werden sollten.

Retourenmanagement im Dropshipping

Dropshipping ist ein Vertriebsmodell im Online-Handel, bei dem der Online-Shop nur eine Vermittlungsrolle einnimmt und in diesem Rahmen lediglich die Bestell- und Auftragsabwicklung übernimmt. Lagerung und Logistik erfolgen nicht durch den Online-Shop, sondern durch Hersteller oder Großhändler. Das hat den Vorteil, dass ein Online-Shop auf eigene Lagerflächen und Lieferflotten verzichten kann. Für die Kundschaft bleibt der Bestell-, Bezahl- und Rücksendeprozess in der Regel derselbe.

Dropshipping kann beim Retourenmanagement jedoch zu Problemen führen. Es stellen sich hier zwei Fragen:

  1. An wen bzw. wohin gehen die Rücksendungen?
  2. Wer kommt für eventuelle Erstattungen auf?

Schon die Antwort auf die erste Frage kann kompliziert werden, wenn sich der Sitz des Online-Shops und der Dropshipping-Partner in verschiedenen Ländern befinden. Eine Rücksendung kann dadurch so hohe Kosten verursachen, dass der Verkauf des Produkts nicht mehr rentabel ist. Eine zweite Herausforderung ergibt sich, wenn der Hersteller keine oder keine ausreichenden Kapazitäten für die Annahme von Rücksendungen hat.

Abhängig von den spezifischen Bedingungen in Ihrem Unternehmen kommen daher folgende Möglichkeiten für das Retourenmanagement bei Dropshipping infrage:

  • Rücksendung an das E-Commerce-Unternehmen
  • Rücksendung zum Dropshipping-Unternehmen
  • volle oder anteilige Kostenerstattung ohne Rücksendung
  • Ersatzlieferung ohne Rücksendung

Wichtig ist, dass Sie sich mit Ihren Dropshipping-Partnern auf ein gemeinsames Retourenmanagement einigen. Legen Sie von vorneherein vertraglich fest, wer für welche Beanstandungen verantwortlich ist und für zusätzliche Versandkosten, Kaufpreiserstattungen oder Ersatzlieferungen aufkommt.

Rechtliche Aspekte im Retourenmanagement

Eine wichtige Grundlage für das Management von Retouren im Umgang mit der Kundschaft sind die gesetzlichen Regelungen zum Verbraucherschutz im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie legen folgende Punkte fest, die für den Umgang mit Rücksendungen wichtig sind:

  • Widerrufsrecht
  • Bedingungen für Gewährleistung
  • Rechte und Pflichten von Unternehmen und Kundschaft
  • EU-Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher

Falls sich Ihr Unternehmen oder ein Dropshipping-Zentrum im Ausland befindet, müssen entsprechend die rechtlichen Regelungen vor Ort berücksichtigt werden. Für die Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Retourenmanagement empfehlen wir daher eine professionelle Rechtsberatung.

FAQ zum Retourenmanagement

Was ist Retourenmanagement?

Das Retourenmanagement eines Unternehmens organisiert den Umgang mit Warenrücksendungen. Es kann die Retourenquote grundsätzlich klein halten (präventives Retourenmanagement) oder die Rücksendung von Waren für Kundschaft und Unternehmen so effizient und kostengünstig wie möglich organisieren (reaktives Retourenmanagement). Es ist auch eine Kombination aus beiden Varianten möglich.

Welche Retourenquoten werden unterschieden?

Die Retourenquote ist eine Kennzahl, die verkaufte Waren in ein Verhältnis zu den Rücksendungen setzt. Je nachdem, ob Verpackungseinheiten, Artikelanzahl oder Warenwert betrachtet werden, gibt es drei verschiedene Formen:
• Alpha-Retourenquote: versendete Pakete vs. zurückgesendete Pakete
• Beta-Retourenquote: Zahl der versendeten Artikel vs. Zahl der zurückgesendeten Artikel
• Gamma-Retourenquote: Warenwert der Sendungen vs. Warenwert der Rücksendungen

Kann das Retourenmanagement ausgelagert werden?

Ebenso wie Lagerbetrieb und Logistik kann im Dropshipping auch das Retourenmanagement ausgelagert werden. Wichtig ist allerdings eine optimale Organisation und Abstimmung der Abläufe und Zuständigkeiten mit den Dropshipping-Unternehmen.

Für wen eignet sich ein Retourenmanagement?

Strategien zum Retourenmanagement benötigen alle Unternehmen, die regelmäßig Rücksendungen von Ihrer Kundschaft erhalten:
• Produktions- und Versandunternehmen
• Online-Händler und E-Commerce-Plattformen
• Dienstleister für Logistik und Retourenmanagement

Je höher die Retourenquote ist, desto entscheidender ist ein effizientes Retourenmanagement, um Kosten und Ressourcen zu sparen.

Bildquellen:

© stock.adobe.com – industrieblick