Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
post
Lesezeit: 8 Minuten

Gerüstbau – das klingt nach großangelegten Bauprojekten, doch auch beim Heimwerken und für kleinere Reparaturen müssen Sie mitunter in der Höhe arbeiten. Für diese Zwecke dürfen Sie selbst ein Roll- oder Fassadengerüst aufbauen. Das macht die Arbeit nicht nur komfortabler, sondern spart auch Kosten. Ihre Sicherheit muss dabei natürlich oberste Priorität haben. In diesem Ratgeber lesen Sie, unter welchen Bedingungen Sie ein Gerüst aufbauen dürfen, wie Sie dabei genau vorgehen und welche Sicherheitsvorkehrungen nötig sind.

Wann und für welche Arbeiten ist ein Gerüst nötig?

Bei der Pflege und Instandsetzung von beispielsweise einem Eigenheim fallen gelegentlich Arbeiten in größeren Höhen an, die recht einfach selbst erledigt werden können. Warum also nicht einfach auf eine Leiter steigen und loslegen? Arbeiten auf Leitern ist immer mit einem gewissen Sicherheitsrisiko verbunden, weshalb diese Vorgaben gelten: Ab einer Standhöhe von zwei Metern ist der Einsatz von Leitern und Tritten als Arbeitsplatz nur noch unter bestimmten Voraussetzungen und nur kurzzeitig erlaubt, ab einer Standhöhe von fünf Metern dürfen sie nicht mehr als Arbeitsplatz genutzt werden.

Das Aufstellen eines Arbeitsgerüsts empfiehlt sich daher bereits ab einer Standhöhe von zwei Metern, wenn die anstehende Aufgabe mehrere Stunden in Anspruch nimmt oder einen großen Bewegungsradius erfordert. Dazu gehört unter anderem die Reinigung der Dachrinnen, das Ausbessern der Fassadenfarbe oder das Putzen größerer Fensterglasflächen. Unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften bieten Arbeitsgerüste ohnehin einige Vorteile beim Heimwerken:

  • höhere Stand- und Absturzsicherheit
  • größere Bewegungsfreiheit
  • zusätzliche Abstellfläche für Werkzeuge und Baumaterialien

Sowohl der höhere Komfort als auch die Arbeitssicherheit sprechen dafür, dass Sie für aufwändigere Arbeiten ein Gerüst aufbauen. Ob Sie das selbst erledigen dürfen oder ein Gerüstbauunternehmen beauftragen müssen, hängt von mehreren Faktoren ab.

Unter welchen Bedingungen darf man ein Gerüst selber aufbauen?

Die offiziellen Regelungen beziehen sich auf Standort, Arbeitseinsatz und Art des Gerüsts. Demnach dürfen Sie ein Gerüst selber aufbauen, wenn

  • es auf Ihrem Privatgrundstück steht,
  • Sie selbst daran und darauf arbeiten,
  • es sich um ein Klein- bzw. Arbeitsgerüste nach DIN EN 1004 handelt.

Der letzte Punkt ist besonders wichtig, da für den Aufbau größerer Gerüstkonstruktionen, wie zum Beispiel Bau- oder Fassadengerüsten, spezielle Fachkenntnisse nötig sind. Aus diesem Grund dürfen diese Gerüstarten nur von spezialisierten Gerüstbauunternehmen aufgebaut werden.

Wichtig: Sobald Sie eine Firma mit Arbeiten an oder in Ihrem Haus beauftragen, muss das dafür notwendige Gerüst aus Haftungsgründen immer von einem Gerüstbauunternehmen aufgebaut werden, auch wenn es sich formal nur um ein Kleingerüst handelt. In diesem Fall ist es also nicht möglich, ein Gerüst selber aufzubauen.

In der folgenden Tabelle finden Sie verschiedene Gerüstarten und ermitteln, welche selbst aufgebaut werden dürfen:

GerüstartKleingerüstGroßgerüst
Eigenschaften• fahrbare Arbeitsgerüste und Steighilfen für einfache Arbeiten in geringer Höhe
• Standhöhe: max. 12 m in Innenräumen, max. 8 m im Außenbereich
• leichter Aufbau ohne Spezialwerkzeuge möglich
• feste Gerüstkonstruktionen mit hoher Tragfähigkeit und Stabilität, die für längere Zeit an einem Standort bleiben (Schutzgerüste)
• für komplexe Bauprojekte und umfangreiche Dach- und Fassadenarbeiten
• projektspezifische Planung und Konstruktion
Gerüstarten• Rollgerüst
• Klappgerüst
• Faltgerüst
• Arbeitsbühne
• Fassadengerüst
• Baugerüst (Arbeitsgerüst als temporäre Konstruktion für Bauwerke)
Gesetzliche VorschriftenDIN EN 1004-1
DIN EN 1004-2
DIN EN 12810-1
DIN EN 12811-1
Selbstaufbau erlaubtJaNein

Ist eine Genehmigung nötig, um ein Gerüst aufzubauen?

Für fahrbare Arbeitsgerüste, die Sie auf Ihrem Privatgrundstück aufstellen, brauchen Sie in der Regel keine offizielle Genehmigung. Anders sieht es hingegen aus, wenn das Gerüst auf angrenzende Fußwege oder Straßen und Nachbargrundstücke reicht bzw. diese von herunterfallenden Baumaterialien oder Werkzeugen betroffen wären. Informieren Sie sich am besten beim Ordnungsamt über die örtlichen Regelungen, bevor Sie Ihr Gerüst aufbauen. Falls nötig, können Sie das Gerüst dort auch gleich anmelden.

Unabhängig von der Genehmigungspflicht sind Sie in jedem Fall für sämtliche Schäden, die durch Ihr Kleingerüst bzw. die Arbeit darauf verursacht werden, verantwortlich und haftbar. Wollen Sie das Arbeitsgerüst regelmäßig oder in größerem Umfang nutzen, empfiehlt sich deshalb eine zusätzliche Unfallversicherung, die mögliche Schadenersatzforderungen mit absichert.

Im Gegensatz dazu müssen Groß- und Baugerüste immer angemeldet und genehmigt werden. Dafür ist jedoch die mit dem Aufbau beauftragte Firma zuständig.  

Welche Sicherheitsvorkehrungen sind beim Gerüstaufbau zu beachten?

Sicherheit steht nicht nur beim Betreten eines Gerüsts an oberster Stelle, sondern auch, wenn Sie das Gerüst selber aufbauen. Um Arbeitsunfälle und Sachschäden zu vermeiden, sollten Sie deshalb die folgenden Vorkehrungen treffen:

  • Lassen Sie sich von einer zweiten Person beim Aufbau helfen. Falls das nicht möglich ist, ergreifen Sie unbedingt die nötigen Maßnahmen für sichere Alleinarbeit.
  • Tragen Sie immer einen Schutzhelm und robuste Arbeitshandschuhe als Persönliche Schutzausrüstung (PSA).
  • Wählen Sie einen festen, ebenen Untergrund, auf dem Sie Ihr Gerüst aufbauen. Ist der Untergrund weich (wie z. B. Beispiel Rasen), muss großflächig unterlegt werden. In keinem Fall darf der Untergrund nachgeben; die Standsicherheit muss jederzeit gewährleistet sein.
  • Konstruieren Sie das Gerüst vorschriftsgemäß und weichen Sie nicht von der Anleitung ab.
  • Stellen Sie sicher, dass alle Bauteile unversehrt und sicher miteinander verbunden sind.
  • Achten Sie besonders auf die stabile Konstruktion von Bauteilen zur Absturzsicherung (Geländer, Schutzgitter, Bordbretter usw.) und tragen Sie bei höheren Gerüsten eine PSA gegen Absturz.
  • Die Gerüstpfosten müssen exakt im Lot stehen. Das kann durch mehrmaliges Messen mit einer Wasserwaage von zwei Seiten im 90-Grad-Winkel sichergestellt werden.
  • Halten Sie die vorgeschriebenen Abstände zur Hauswand bzw. zu Stromleitungen und elektrischen Einrichtungen ein.
  • Beachten Sie die Gerüstklasse Ihres Arbeitsgerüsts und halten Sie sich unbedingt an die zulässigen Traglasten.

Wollen Sie sich zusätzlich zu dieser Aufzählung über die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen informieren, finden Sie alle Details in den oben genannten  DIN-Normen bzw. in der DGUV-Information 201–011 „Verwendung von Arbeits-, Schutz- und Montagegerüsten“.

Anleitung: Rollgerüst richtig aufbauen

Da der Aufbau von Groß- und Schutzgerüsten nur von Gerüstbauunternehmen durchgeführt werden darf, bezieht sich die nachfolgende Anleitung ausschließlich auf bewegliche Arbeitsgerüste und Arbeitsbühnen entsprechend der DIN EN 1004. Da diese in der Regel mit Rollen ausgestattet sind, mit denen sie in die benötigte Position geschoben werden können, werden sie auch als Rollgerüste bezeichnet.

  1. Prüfung der Gerüstteile

    Gerüst aufbauen Schritt 1: Gerüstteile prüfenBevor Sie mit dem Aufbau beginnen, stellen Sie zunächst sicher, dass alle Bauteile in der benötigten Anzahl vorhanden und in einwandfreiem Zustand sind. Sie benötigen:
    • Fußspindeln
    • Vertikalrahmen
    • Diagonalbefestigungen
    • Bodenbretter
    • Rücken- und Stirngeländer
    • Durchsteigsleitern/Vertikalrahmen mit Leitersprossen (bei mehreren Ebenen)
    • ggf. Dübel und Ringschrauben zur Verankerung in der Hauswand
    • ggf. Ballastgewichte/Ausleger als Kippsicherung

  2. Untergrund prüfen und ggf. vorbereiten

    Gerüst aufbauen Schritt 2: Untergrund prüfenDas Gerüst muss auf einem ebenen, tragfähigen Untergrund, am besten aus Beton, stehen. Bei Rasen oder Geröll legen Sie großflächig feste, stabile Bretter unter die Fußspindeln. Die Standsicherheit muss jederzeit gewährleistet sein; der Untergrund darf nicht nachgeben!

    Wenn es sich um ein Haus mit Hanglage handelt oder Sie das Gerüst auf einer Treppe aufbauen müssen, verwenden Sie geeignete Gewindefußplatten, um die Höhenunterschiede auszugleichen.

  3. Rahmen aufbauen

    Gerüst aufbauen Schritt 3: Rahmen aufbauenStellen Sie die Fußspindeln an den entsprechenden Stellen auf. Beachten Sie dabei, dass der Abstand zur Hauswand maximal 30 Zentimeter betragen darf. Nun bringen Sie die Diagonalbefestigungen an den äußeren Fußspindeln und prüfen anschließend den korrekten Abstand der Fußspindeln. Ist dieser optimal, können Sie das Rückengeländer in die Diagonalbefestigungen einhängen und die beiden Vertikalrahmen für die unterste Ebene aufstellen.

  4. Diagonale einhängen und Böden einlegen

    Gerüst aufbauen Schritt 4: Diagonale Einhängeböden einlegenHängen Sie nun die erste Diagonale ein, um die Stabilität des Arbeitsgerüsts sicherzustellen. Auf der untersten Ebene wählen Sie dafür auf beiden Seiten das jeweils innere Loch. Auf den folgenden Ebenen werden die Diagonalen in den äußeren Löchern eingehängt.

    Danach lassen sich auch schon die Bodenelemente auf der ersten Etage anbringen. Falls es nicht eindeutig sichtbar ist, achten Sie unbedingt darauf, dass die rutschfest beschichtete Seite nach oben zeigt.

  5. Gerüst ausrichten

    Gerüst aufbauen Schritt 5: Gerüst ausrichtenAm Boden der ersten Ebene lässt sich mit einer Wasserwaage optimal prüfen, ob das Gerüst waagerecht steht. Das ist an dieser Stelle wichtig, da die Neigung der gesamten Konstruktion maximal ein Prozent betragen darf. Bei stärkeren Abweichungen besteht jetzt die Gelegenheit, die Ausrichtung an den Fußspindeln oder den Gewindefußplatten zu korrigieren.

  6. Gerüst mit mehreren Ebenen aufbauen

    Gerüst aufbauen Schritt 6: Gerüst mit mehr Ebenen aufbauenFür weitere Ebenen bauen Sie jetzt wieder zwei Vertikalrahmen auf und stabilisieren diese mit den Bodenbelägen. Anschließend werden Rückengeländer und Diagonale eingehängt. Bedenken Sie beim Einlegen der Bodenelemente nötigen Durchstieg zur nächsten Etage.

    Diese Schritte führen Sie für alle vorgesehenen Ebenen Ihres Arbeitsgerüsts durch.

  7. Gerüst absichern und verankern

    Gerüst aufbauen Schritt 7: Gerüst absichernNun bringen Sie an allen Stirn- und Außenseiten die vorgesehenen Geländer und Bordbretter zur Absturzsicherung an und sichern die oberste Ebene mit L- und Querstangen ab.

    Falls nötig, verankern Sie das gesamte Gerüst mit Dübeln und Ringschrauben in der Hauswand (abhängig von Modell und Höhe) und verteilen die notwendigen Ballastgewichte und Ausleger an den entsprechenden Stellen.

  8. Abschlusskontrolle

    Gerüst aufbauen Schritt 8: AbschlusskontrolleZum Schluss prüfen Sie die allgemeine Sicherheit und Stabilität des Gerüsts. Sehen Sie sich den Aufbau genau an und kontrollieren Sie alle Verbindungen, Verankerungen und Schutzeinrichtungen. Falls es die örtlichen Gegebenheiten erfordern, muss noch eine professionelle Abnahme erfolgen, bevor Sie mit der Arbeit beginnen dürfen.

Wie viel Zeit benötigt man, um ein Gerüst aufzubauen?

Eine konkrete Zeitangabe lässt sich hierzu nicht machen, da die Aufbauzeit erheblich von der Art und Bauweise des Gerüsts sowie der individuellen Arbeitsgeschwindigkeit abhängt. Es gibt praktische Faltgerüste, bei denen der Aufbau deutlich schneller geht, als wenn alle Bauteile einzeln miteinander verbunden werden müssen. Haben Sie bereits Erfahrung im Gerüstaufbau, steht ein kleines Rollgerüst nach einigen Stunden, der Aufbau großer Fassadengerüste kann abhängig vom Gebäude hingegen mehrere Tage bis Wochen dauern.

Zur ungefähren Orientierung: Wollen Sie zum ersten Mal ein kleineres Gerüst aufbauen, können Sie eine Dauer von einem Tag einplanen.

Profi-Tipps: Gerüst aufbauen, abbauen und lagern

Eine gute Vorbereitung, die sachgemäße Pflege und Lagerung sowie ein organisierter Abbau der Gerüstteile kann bei einem zukünftigen Aufbau Zeit und Aufwand sparen. Berücksichtigen Sie dafür die folgenden Tipps:

  1. Legen Sie die nötige Schutzausrüstung und alle Werkzeuge bereit bzw. bewahren Sie zusammen mit den Gerüstbauteilen auf.
  2. Kontrollieren Sie alle Bauteile auf kleine Fehlstellen und beheben Sie diese möglichst sofort.
  3. Gehen Sie beim Abbau exakt in umgekehrter Reihenfolge zum Aufbau vor. So kommen Sie schnell und vor allem sicher voran.
  4. Reinigen Sie alle durch Baustaub, Farbrückstände, o. Ä. verschmutzten Teile gründlich.
  5. Lagern Sie das Arbeitsgerüst an einem trockenen, kühlen Ort, an dem es vor Umwelteinflüssen gut geschützt ist.

FAQ zum Aufbau eines Arbeitsgerüsts

Wie wähle ich das richtige Arbeitsgerüst für mein Haus aus?

Welches Arbeitsgerüst für Ihre Anwendung am besten geeignet ist, hängt von der Größe und Lage des Hauses sowie den geplanten Arbeiten ab. Wichtige Kriterien für die Auswahl sind:
• Größe der Arbeitsfläche
• Umfang (mehrere Ebenen oder einfache Arbeitsbühne)
• Einsatz im Außen- oder Innenbereich
• Gerüstklasse

Darf man ein Gerüst selber aufbauen?

Sie dürfen das Gerüst selber aufbauen, solange es sich um ein Arbeitsgerüst entsprechend der DIN EN 1004 handelt, das auf Ihrem Privatgrundstück steht und auf dem Sie selbst kleinere Reparatur- oder Renovierungsarbeiten ausführen wollen.

Sobald Sie Handwerksfirmen beauftragen, muss das Gerüst aus Haftungsgründen von einem spezialisierten Gerüstbauunternehmen aufgebaut werden. Fassaden- und Baugerüste dürfen grundsätzlich nur von einer Fachfirma aufgebaut werden.

Wer darf ein fahrbares Gerüst aufbauen?

Ein fahrbares Gerüst nach DIN EN 1004 darf von allen Privatpersonen aufgebaut werden, solange es nur für private Zwecke genutzt wird.

Bitte beachten Sie: Die hier erwähnten Vorschriften sind nur eine Auswahl der wichtigsten gesetzlichen Vorgaben. Detaillierte Informationen lesen Sie dazu in den aufgeführten und ggf. weiteren Vorschriftensammlungen und Gesetzestexten nach. Bei der konkreten Umsetzung sollten im Zweifel außerdem Sachverständige hinzugezogen werden.

Bildquellen:

© gettyimages.de – Bondariev