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Wenn Sie in den Ruhestand gehen, möchten Sie Ihren Handwerksbetrieb weiterhin in guten Händen wissen. Die Betriebsnachfolge im Handwerk ist jedoch nicht nur aufgrund des Fachkräftemangels eine Herausforderung, sondern es müssen auch organisatorisch und rechtlich viele Details vor dem Geschäftsausstieg geregelt werden.
Im Ratgeber lesen Sie, wann Sie am besten damit beginnen, die Betriebsnachfolge zu planen und welche Vorbereitungen Sie dazu treffen sollten. Außerdem erfahren Sie, wie Sie eine geeignete Person für die Weiterführung Ihres Unternehmens finden.
Die Betriebsnachfolge im Handwerk frühzeitig planen
Damit bei der Betriebsübergabe alles in geordneten Bahnen verläuft, sollten Sie frühzeitig mit der Planung beginnen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) empfiehlt hier, bereits ab dem 55. Lebensjahr die ersten Weichenzur Betriebsnachfolge zu stellen bzw. mindestens 5 bis 10 Jahre in die Betriebsnachfolgeplanung zu investieren. So sind Sie auch für den Fall vorbereit, dass Sie aufgrund von Krankheit oder Invalidität früher als erwartet die Verantwortung für Ihren Betrieb aus der Hand geben müssen.
Gerade für Handwerksbetriebe ist es nicht einfach, eine Unternehmensnachfolge festzulegen. Denn obwohl mittlerweile vermehrt Frauen einen handwerklichen Beruf ergreifen und auch die Digitalisierung sich im Handwerk etabliert, gibt es dennoch zu wenige Fachkräfte. Gründe hierfür sind neben dem demografischen Wandel auch, dass junge Leute verstärkt einen akademischen Beruf ergreifen wollen. Im Jahr 2022 blieben mehr als 200.000 Ausbildungsstellen in Deutschland unbesetzt – ein neuer Höchststand.
Da sich derzeit die Generation der Babyboomer in den Ruhestand verabschiedet, steht in den nächsten fünf Jahren bei 125.000 Betrieben eine Übergabe an. Je mehr Zeit Sie also einplanen, desto größer sind Ihre Chancen, dass Sie eine qualifizierte Unternehmensnachfolge finden.
An wen können Sie Ihren Betrieb abgeben?
Unternehmensverantwortliche wünschen sich von der Nachfolgegeneration folgende Kernkompetenzen:
- Umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen im jeweiligen Handwerk
- Kaufmännisches Wissen, um den Betrieb wirtschaftlich zu führen
- Führungskompetenzen
Möchten Sie Ihren Betrieb in die besten Hände abgeben, sollten Sie deshalb nicht nur frühzeitig mit der Suche nach der passenden Unternehmensnachfolge anfangen, sondern auch breitgefächert suchen. Es bieten sich dazu folgende Möglichkeiten an:
- a) Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie regeln
- b) Unternehmen an eine bereits im Betrieb tätige Person übergeben
- c) Unternehmen an eine betriebsfremde Person übergeben
a) Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie regeln
Besonders wenn es sich um ein traditionsreiches Familienunternehmen im Handwerk handelt, ist die Betriebsnachfolge für die bisherigen Verantwortlichen eine Herzensangelegenheit. Die Nachfolgeregelung innerhalb der Familie ist deshalb besonders beliebt. Dies erreichen Sie entweder über Schenkung, Übertragung oder Verkauf an Ihren Nachwuchs oder andere Verwandte.
Für die bisherigen Verantwortlichen ergeben sich bei dieser Regelung einige Vorteile:
- Das Unternehmen und seine damit verbundenen Werte und Errungenschaften bleiben in der Familie
- Vielen Verantwortlichen fällt es leichter, ihren Betrieb an ein Familienmitglied abzugeben als an eine fremde Person
Achten Sie darauf, dass Ihre Wunschperson aus dem Familienkreis über die weiter oben angeführten Kompetenzen verfügt, um den Betrieb übernehmen zu können. Ist dies nicht der Fall, sollten Sie mindestens eine geeignete externe Person mit ins Boot holen – oder den Betrieb doch außerhalb der Familie übergeben.
b) Unternehmen an eine bereits im Betrieb tätige Person übergeben
Oftmals kennen langjährige Angestellte das Betriebsgeschehen sehr gut, sind bei der Kundschaft sowie anderen geschäftlichen Kontakten bekannt und darüber hinaus mit den Besonderheiten im Betriebsablauf vertraut.
Kommt für die Nachfolge Ihres Handwerksbetriebs eine Person aus Ihrer Belegschaft infrage, sollten Sie frühzeitig das Gespräch suchen und gemeinsam an der Übergabe arbeiten.
c) Unternehmen an eine betriebsfremde Person übergeben
Kommt niemand aus Ihrer Familie oder aus Ihrem Unternehmen für die Betriebsnachfolge in Frage, bleibt nur die Suche nach einer geeigneten externen Person. Damit Sie hier keine wertvolle Zeit verlieren, sollten Sie sich ebenfalls frühzeitig darum kümmern:
- Machen Sie Ihre Absichten möglichst breit in der Fachpresse für Ihr Gewerk bekannt
- Recherchieren Sie in Nachfolgebörsen
- Nehmen Sie Kontakt mit Partnerbetrieben auf
- Schauen Sie bei der Verpflichtung von neuem Personal und Azubis genau hin: Vielleicht schlummern hier schon Talente, die zum Zeitpunkt Ihrer Pensionierung als geeignete zukünftige Verantwortliche für Ihren Betrieb in Frage kommen könnten
Plattformen und Nachfolgebörsen
Um klein- und mittelständische Handwerksbetriebe in Deutschland bei der Suche nach geeigneten Personen zur Nachfolge zu unterstützen, haben die deutsche Bundesregierung, die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HWK) der Länder Nachfolgebörsen in Deutschland wie z. B. die nexxtChange ins Leben gerufen.
Unternehmerinnen und Unternehmer können bei solchen Nachfolgebörsen nicht nur ihren Betrieb vorstellen, sondern treffen hier auch auf Fach- und Führungskräfte mit Meisterqualifikation, die einen bestehenden Betrieb übernehmen würden.
Das Projekt „Nachfolge in Deutschland“ unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bietet außerdem mit seiner umfangreichen Informationsplattform und Tools wie dem Nachfolgefahrplan oder dem Nachfolg-o-Mat übersichtliche Möglichkeiten, Wissens- und Planungslücken zur Unternehmensnachfolge zu schließen oder kostenfrei eine Betriebsbewertung vorzunehmen. Daneben finden hier auch interessierte junge Fachkräfte, die eine Unternehmensnachfolge anstreben, umfangreiche Informationen.
Erstellen Sie einen Übernahmeplan
Haben Sie die gewünschte Person gefunden, müssen einige rechtliche sowie finanzielle Aspekte festgelegt werden, damit die Betriebsübergabe reibungslos verläuft.
Der Übernahmeplan beinhaltet den Rahmen für den Ablauf des Übergabeprozesses, welcher später im Übernahmevertrag rechtlich verbindlich von beiden Parteien abgesegnet werden muss. Im PDF finden Sie eine Checkliste mit den wichtigsten Fragestellungen, die Sie für einen groben Rahmen zur Betriebsübernahme benötigen.
Nehmen Sie sich Zeit während der Übergabephase
Mit Unterschreiben des Übernahmevertrags ist die Tätigkeit im Betrieb für die bisherigen Verantwortlichen meist noch nicht getan. Es folgt die sogenannte Übergabephase, in der Sie der nachfolgenden Person mit Rat und Tat zur Seite stehen. Damit gelingt eine reibungslose Übergabe und Sie können sich anschließend mit ruhigem Gewissen in den Ruhestand verabschieden.
Helfen Sie neuen Verantwortlichen dabei, Ihren Betrieb richtig kennenzulernen. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn die Übergabe an eine externe Person erfolgt, die mit dem Unternehmen noch nicht vertraut ist. Hier können Sie Fragen zu sicherheitsrelevanten Aspekten beantworten, wie Ihrem betrieblichen Brandschutz, sowie alle Fragen finanzieller oder administrativer Art.
Auch können Sie bei geplanten Verbesserungen Ihre Erfahrung einbringen. Sollen beispielsweise Prozesse optimiert werden, um ein rückenschonendes Arbeiten zu fördern oder Laufwege innerhalb des Betriebs zu verkürzen, können Sie die neue verantwortungstragende Person beraten, ob aus Ihrer Sicht die geplanten Maßnahmen effizient sind.
Diese sieben Fehler sollten Sie vermeiden, damit die Betriebsnachfolge im Handwerk gelingt
Selbst bei einer umsichtigen Vorbereitung können Komplikationen auftreten, die Ihre bisherige Planung durchkreuzen. Versuchen Sie, flexibel zu bleiben und verschiedene Lösungsoptionen zu erwägen. Diese sieben häufigen Fehler bei der Unternehmensnachfolge sollten Sie vermeiden:
- Der Betrieb ist nicht nachfolgefähig
Ein fehlendes Alleinstellungsmerkmal, ein zu kleiner Kundenstamm oder auch strukturelle Gründe können Ursachen für eine Nachfolgeunfähigkeit des Unternehmens sein. Hier ist eine Stilllegung des Betriebs unter Umständen die bessere Option.
- Der Planungszeitraum für die Betriebsnachfolge ist zu kurz
Im Idealfall sollten Sie für die Nachfolgeplanung fünf bis zehn Jahre kalkulieren und entsprechende Schritte frühzeitig einleiten. Planen Sie nicht rechtzeitig, fehlt Ihnen unter Umständen eine geeignete Person zur Weiterführung Ihres Betriebs, so dass Sie diesen wider Willen stilllegen müssen.
- Die zukünftige verantwortliche Person ist nicht geeignet
Verfügen Nachfolgende nicht über die geeigneten fachlichen und persönlichen Kompetenzen, kann das den Betrieb nach Ihrem Austritt in eine wirtschaftliche Schieflage bringen. Deshalb ist besonders bei der Nachfolgebesetzung mit einem Familienmitglied darauf zu achten, dass Eignung und eine ausreichende Motivation für die Betriebsübernahme auch wirklich vorhanden sind.
- Sie sind nicht zur vollständigen Betriebsübergabe bereit
Sind Sie persönlich noch nicht bereit, die Verantwortung für Ihren Betrieb vertrauensvoll abzugeben, kann das zu ernsthaften Konflikten mit den zukünftigen Verantwortlichen führen – unabhängig davon, ob diese aus der Familie kommen oder nicht. Im schlimmsten Fall können die Konflikte so tiefgreifend sein, dass Ihr Handwerksbetrieb darunter leidet.
- Der Nachfolgeplan ist zu starr
Ihr Nachfolgeplan sollte so aufgestellt sein, dass er jederzeit dynamisch angepasst werden kann – auch auf die übernehmende Person. Haben Sie z. B. die ideale Person für die Betriebsnachfolge ausgemacht, diese kann den Betrieb aber erst einige Monate später übernehmen als gewünscht, sollten Sie Ihren Plan und ggf. auch Ihre finanziellen Verpflichtungen daran anpassen.
- Der Unternehmenswert wird überschätzt
Um hier sicher zu gehen, sollten Sie am besten Einschätzungen von zwei unterschiedlichen Sachverständigen zum Unternehmenswert einholen – sowohl aus Übergabe- als auch aus Übernahmesicht.
- Ein beiderseitiger Übergabeplan fehlt
Damit Sie Ihre Betriebsnachfolge auf sichere Füße stellen können, sollten Sie alle wichtigen Eckpunkte zur Betriebsübergabe in Absprache mit den zukünftigen Verantwortlichen vertraglich festsetzen. So sichern Sie sich rechtlich umfassend ab und ersparen sich auch nach der Betriebsübergabe Sorgen und Konflikte.
FAQ zur Betriebsnachfolge im Handwerk
Im Idealfall sollten Sie 5 bis 10 Jahre vor einer Betriebsabgabe oder dem Schritt in den Ruhestand damit beginnen, die Nachfolge zu planen. Unternehmern im Handwerk wird dazu ab dem 55. Lebensjahr empfohlen, die ersten Schritte zur Betriebsnachfolge anzugehen.
Die potenziellen Nachfolgenden für ein Handwerksunternehmen sollten in jedem Fall alle notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen mitbringen. Neben solider Erfahrung im jeweiligen Gewerk müssen zukünftige Verantwortliche darüber hinaus auch kaufmännisches Wissen und Führungskompetenz mitbringen.
Als Nachfolgende für den Handwerksbetrieb kommen – je nach Eignung – Familienmitglieder, langjährige Angestellte oder Betriebsangehörige sowie betriebsfremde Personen in Betracht.
Die deutsche Bundesregierung, die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie die Handwerkskammern (HWK) der Länder haben Nachfolgebörsen wie z. B. die nexxtChange ins Leben gerufen. Unternehmer können bei solchen Nachfolgebörsen nicht nur ihr Unternehmen vorstellen, sondern treffen auch auf Fachkräfte sowie Führungskräfte mit Meisterqualifikation, die gern einen bestehenden Betrieb übernehmen würden.
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